Am 7. August beging Ernst-Josef Strätling seinen 80. Geburtstag. Er leitet in diesem Alter – das hatte der Verfasser dieser Laudatio schon anlässlich des 75. Geburtstags als Besonderheit hervorgehoben – immer noch eine Firmengruppe, in deren Zentrum das in Thüringen angesiedelte Unternehmen Hofmann & Sommer steht. Jeder, der ihn kennt und erlebt, ist beeindruckt, mit wie viel Elan, Weitsicht und Visionen er diese Tätigkeit nach wie vor ausfüllt. Dabei ist Ernst-Josef Strätling eine solche Tätigkeit nicht in die Wiege gelegt worden, wie das bei manchen familiengeführten Unternehmen der Fall ist, sondern er hat als typischer „self-made-man“ alles von der Pike auf gelernt und seine Entwicklung immer erfolgreich von Stufe zu Stufe durchlaufen.
Geboren als Sohn eines Malermeisters in Geisa, lernte er zunächst den Beruf seines Vaters und beendete die Lehre 1957. Ein Jahr später begann er aber bereits eine Ausbildung zum Chemiefacharbeiter in einer Lackfabrik. Die Chemie, die er hier kennenlernte, begeisterte ihn, sodass er 1959 ein Studium an der Ingenieurschule für Chemie in Berlin anschloss, das er 1962 erfolgreich beendete. 1963 erfolgte nicht nur die Heirat mit Elisabeth Strätling, die auch beruflich stets an seiner Seite steht, sondern er begann nun ein Fernstudium der Chemie an der TU Dresden, das er 1971 mit dem Diplom abschloss. Aber auch dies reichte Ernst-Josef Strätling nicht, denn er widmete sich seit 1972 extern den Arbeiten für seine Dissertation. Dies verdient besondere Anerkennung, musste er doch die dafür erforderlichen Studien neben seiner Tätigkeit im pharmazeutischen Betrieb VEB Berlin-Chemie, in dem er seit 1962 tätig war und 1971 das Amt des Forschungsleiters übernahm, durchführen. Seine Dissertation beschäftigte sich mit „Luftoxidation von p-Nitroethylbenzol zu p-Nitroacetophenon (Vorstufe der Chloramphenicolsynthese)“, war also auf dem Gebiet der Arzneimittelsynthese angesiedelt. Es spricht für seine Intelligenz, seinen Fleiß und seine Zielstrebigkeit, dass der Jubilar die Dissertation 1976 mit „summa cum laude“ abschließen konnte. Es versteht sich von selbst, dass die pharmazeutische Industrie Dr. Strätling entsprechend seines Leistungsvermögens einsetzte: So übernahm er 1978 die Funktion des Produktionsdirektors beim VEB Berlin-Chemie, avancierte aber bereits 1979 zum Forschungsdirektor des im gleichen Jahr gegründeten Kombinats Germed in Dresden und übernahm zugleich das Amt des stellvertretenden Generaldirektors eines Unternehmens mit 30.000 Beschäftigten. In dieser Funktion blieben dem Jubilar aber keinesfalls die Schwierigkeiten der sozialistischen Planwirtschaft verborgen. Seine Kritik, die in der DDR nicht erwünscht war, führte schließlich dazu, dass er aus dieser Kombinatsleitung in ein Berliner Kosmetik-Kombinat abgeschoben wurde, in dem er erneut als Forschungsleiter arbeitete. 1985 kehrte er jedoch an seine alte Wirkungsstätte, den VEB Berlin-Chemie, zurück, wo er bis 1990 Abteilungsleiter der chemischen Produktion war. Nach der Wende wirkte er von 1990 bis 1992 als Bereichsleiter Chemie in der inzwischen privatisierten Berlin-Chemie-Aktiengesellschaft. Aufgrund der schwierigen Zusammenarbeit mit den neuen Besitzern des Unternehmens, dem italienischen Pharmakonzern Menarini, wuchs der Wunsch, nicht mehr fremdbestimmt arbeiten zu müssen. Dies ermöglichte ihm eine entfernte Verwandte, Barbara Fischer, mit der Ernst-Josef Strätling gemeinsam die kleine Arzneimittelfirma Hofmann & Sommer in Königsee reprivatisieren konnte.
Das 1906 gegründete Unternehmen stellte ursprünglich thüringische Olitäten, aber auch Zahnpasta, Haarwasser und Tees her. 1972 war die Verstaatlichung der Firma erfolgt, wobei die ehemalige Besitzerin, Barbara Fischer, bis 1985 als Direktorin des Unternehmens tätig war. Dank der umfangreichen Kenntnisse von Strätling, seinem Verhandlungsgeschick und seiner Beharrlichkeit gelang im Januar 1993 die Gründung der Firma Hofmann & Sommer GmbH & Co. KG und die Wiederzulassung als Arzneimittelhersteller. Dabei verfolgte das Unternehmen die Herstellung von traditionellen Produkten wie Dreierlei-Tropfen, Cidegol und Melissengeist. Das Sortiment wurde durch Ankauf weiterer Warenzeichen wie Sepso oder W-Tropfen stetig erweitert. Ab 1994 widmete sich das Unternehmen auch der Produktion von Homöopathika. Schließlich erweiterte Dr. Strätling geschickt sein Unternehmen durch Zukäufe anderer Firmen, so 1996 die Kartonagefertigung der Spefa-Kartonagen Langewiesen/ Thüringen sowie 1999/2000 die Arzneimittelfirma Schöning in Westberlin und 2007 Pharma Pößneck, in der die Produktion ab 2008 unter dem Namen Pharmachem GmbH & Co. KG erfolgte. 2010 kamen die Arzneimittelfirma ABO & PAINEX Pharma GmbH & Co. KG und ein Jahr später die Pharmafirma Adolf Baur GmbH dazu. Unter Strätlings Leitung, der selbst während seiner Tätigkeit im VEB Berlin-Chemie mit Veröffentlichungen und 15 Patenten hervortrat, entwickelte sich zudem eine rege Forschung, die dank Kooperationen mit der Beuth-Hochschule für Technik Berlin, der Universität Potsdam, der Fraunhofer-Gesellschaft Potsdam und der Charité zu neuen Produkten führte. Die Firmengruppe entwickelte ferner eine rege Exporttätigkeit nach Kanada, Mexiko, Österreich, Schweden, Marokko, Saudi-Arabien, Iran, Taiwan und Südkorea sowie in die Schweiz. Auch die Umsatzerlöse und die Umsatzentwicklung spiegeln das unternehmerische Geschick von Dr. Ernst-Josef Strätling wider, der noch immer mit Energie, Instinkt und großer Umsicht sein Unternehmen führt, das bis heute als ein „Vorzeige-Unternehmen“ im Freistaat Thüringen gilt.
Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern, Freunden und Kollegen wünscht der Verfasser dieser Laudatio Herrn Dr. Ernst-Josef Strätling weiterhin Gesundheit, Glück, Freude und Erfolg bei all seinen unternehmerischen und privaten Aktivitäten.
Christoph Friedrich, Marburg

Dr. Ernst-Josef Strätling im Alter von 4 Jahren.

Dr. Ernst-Josef Strätling (links) als junger Forscher im Jahre 1963 beim damaligen VEB Berlin-Chemie.

Mit Firmenerbin Barbara Fischer (1926 –2005) und Mark Seidscheck, Hauptgeschäftsführer des Bundesfachverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH) während des 90-jährigen Firmenjubiläums im Jahr 1996.

Dr. Ernst-Josef Strätling mit Ehefrau Elisabeth (links) und der damaligen Thüringer Landtagspräsidentin Dagmar Schipanski beim 100-jährigen Firmenjubiläum.

Im Gespräch mit MdB Albert Weiler (CDU).